Herbst-Blatt Nr.20, September 2000 Herbst-Blatt

    Josef Baron - Meisterschüler Matarés

    Josef Baron: Eselsbrunnen Unna

    Auf dem Alten Markt herrscht reges Treiben. Zentralpunkt ist der Eselsbrunnen. Mit seinen stufenartigen Steinblöcken fordert er vor allem jüngere Menschen zum Verweilen auf. Auf einem gemauerten Podest steht in Bronze gegossen der Eselstreiber mit seinem störrischen Tier: ein stadtgeschichtliches Motiv, welches sich auch als Relief an der Außenmauer der St.-Katharinen-Kirche befindet. Wer bleibt Sieger bei diesem Kräftemessen? Haltung und verzagte Miene lassen es erahnen. Im Sockel unter dem Esel ist der Name des Künstlers eingraviert: Baron 1978.

    Wer ist der Künstler, der hier den liebenswerten Treffpunkt zum Klönen, Diskutieren oder einfach nur zum Träumen gedacht, so vortrefflich geschaffen hat?

    Josef Baron: Obsternte

    Der in Hemmerde lebende Künstler Josef Baron versteht sein Metier. Aus Wachs erschafft er die Urformen seiner vielen Plastiken und Bronzen. Er liebt die Arbeit mit Wachs: "Es ist ein Material, das sich besser formen läßt als Ton. Wachs ist geschmeidig; handwarm ist es lebendig. Mit Wachs kann ich große Dinge tun," sagt Herr Baron. Unter seinen geschickten Händen entsteht die Kunst, die wir in zahlreichen Kirchen bestaunen. Mit diesen Kunstwerken hat er sich einen Ruf weit über die Stadtgrenzen hinaus erworben.

    Schon während des Kriegsdienstes war die Lust an der Kunst geweckt. So besuchte der in Oberschlesien geborene Josef Baron nach dem Krieg die Meisterschule in Flensburg um Innenarchitektur, Kunstgeschichte und Holzbildhauerei zu studieren. Später wechselte er zur Düsseldorfer Kunstakademie.

    Hier war er, gemeinsam mit Beuys, Heerich, Günter Haese und Joachim Bandau, um nur einige zu nennen, Schüler von Professor Mataré, der wegweisend für den Expressionismus in der Bildhauerei war. Josef Baron ist entgegen seinen Mitstreitern, die sich für die abstrakte Kunst entschieden, seinen eigenen Weg gegangen. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der sakralen Kunst. Er liebt die Auseinandersetzung mit dem realen Christentum. Unter Anleitung seines Lehrmeisters Mataré gestaltete er mit seinen Kommilitonen die Portale am Kölner Dom.

    Sein erster Auftrag war der Taufstein für die evangelische Kirchengemeinde in Hemmerde. Anfangs kamen die Aufträge spärlich. "Zwischen 1952 und 1959 haben wir ziemlich kümmerlich gelebt."

    Josef Baron: Eingangstür zur Krypta der Wallfahrtsbasilika in Werl (1999)

    Doch dann kam der Durchbruch. Ein Auftrag, den er von Mataré bekam, weil dieser sich für Arbeiten solchen Ausmaßes zu alt fühlte: Die komplette Kirchengestaltung der Basilika in Werl. Eine Aufgabe, die von ihm meisterhaft gelöst wurde, wie die Besucher der Wallfahrtskirche feststellen können.

    Das Konzil von 1963 mit der Liturgie-Reform, begünstigte seine Auftragslage. Die Neugestaltung des Altarraumes forderten den Innenarchitekten. Vorgezogene Altäre, Portale, Kanzeln, Kreuzgänge; die Ausstattung vieler Sakralbauten tragen seine künstlerische Handschrift.

    Kirchen und Klöster in Paderborn, Fulda, Minden, der Kreuzgang und die Annenkapelle im Dom zu Hildesheim, die Gestaltung des Innenraums von St.Michael in Emden mit 16 Passionsbildern sind Zeugen seines Schaffens und gehören ebenso dazu wie sakrale Arbeiten in Papua Neuguinea, Caracas, Beirut und Kairo.

    Doch auch im heimischen Raum hat Josef Baron gewirkt. Arbeiten des international bekannten Künstlers schmücken die Hemmerder Kirche St.Peter und Paul, das Portal und den Innenraum von St.Martin; die Reliefs über den Eingängen der St.Katharinen-Kirche sowie die Großplastiken der Heiligen Petrus Canisius und Bonifatius an deren Westfront stammen von ihm. In der Stadtkirche verschönern bald zwei Engelsfiguren das Sakramentshäuschen am nördlichen Chorpfeiler.

    Im Atelier des vielseitig beschäftigten Künstlers fällt unter den vielen Figuren eine besonders auf. Im Gebet vertieft, weitergehend mit leicht angehobenem Fuß, besticht sie durch ihre Klarheit. "Eine Trauernde. - Die Fähigkeit zur Trauer ist wichtig, es ist schön zu wissen, vermißt zu werden, doch Trauer bedeutet nicht Stillstand; das Leben geht weiter," sagt Herr Baron. - Klare Aussage und kein Verwirrspiel ist es, was das Schaffen des Künstlers auszeichnet.

    Josef Baron: Ikarus (am Ernst-Barlach-Gymnasium Unna)

    Gern arbeitet Herr Baron mit dem Unnaer Künstler Wilhelm Buschschulte, der für die Gestaltung von Kirchenfenstern bekannt ist, zusammen. Beide Künstler sind befreundet. Besonders gelungen ist ihnen die Gemeinschaftsarbeit der St.Antonius-Kirche in Lohne.

    Auch wenn die sakrale Kunst im Vordergrund steht, beschäftigt sich der Künstler auch mit weltlichen Dingen. Zu den profanen Skulpturen zählen unter anderem die Ziegengruppe in Giffhorn, der Friedensstein in der Bürgerhalle des Rathauses Unna, der Ikarus im Schulgarten des EBG, abgestürzt mit verbrannten Flügeln als Mahnung für unerreichbar hoch gesteckte Ziele: Wer zu hoch fliegt, fällt tief. Die "Obsternte", eine Bronzesäule mit umlaufenden Relief, steht vor der Sparkasse in Hemmerde und auf dem Alten Markt von Unna natürlich - der eingangs bereits erwähnte Eselsbrunnen.

    Heute ist der Künstler 80 Jahre alt und blickt - zurecht - stolz auf ein imposantes Lebenswerk.

    Gisela Lehmann

    Siehe auch: Die Kirche im Bornekamp
                      Evangelische Pfarrkirche Hemmerde
                      Sankt Marien in Unna-Massen
                      Relief an der St. Martinskirche
                      Der Unnaer Markt und seine Brunnen
                      Unnaer Künstler - Thomas Holzmann
                      Unnaer Künstler - Stefan Jürgens
                      Unnaer Künstler - Wilhelm Buschulte
                      Unnaer Künstler - Peter Trautner

    Seitenanfang