Der Kaiser und sein goldener Kopf - Die Stiftskirche Cappenberg
Geschichte
Schon seit dem 9. Jahrhundert gab es in der Lippeniederung eine Burg, die zuletzt den Grafen von Cappenberg gehörte. Im Jahre 1121 stifteten die Brüder Otto und Gottfried von Cappenberg hier die erste Niederlassung des 1120 gegründeten Prämonstratenserordens. Bald nahm dieses Kloster einen besonderen Rang ein.
Durch den Reichsdeportationshauptschluss von 1802/1803 wurden alle Klöster in Deutschland aufgelöst. Das Kloster in Cappenberg zerfiel. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ der Freiherr vom Stein die Stiftskirche wieder in Stand setzen. Heute ist sie katholische Pfarrkirche für die umliegenden Gemeinden.
Das Gebäude
1122 wurde der Grundstein für die Kirche gelegt, spätestens 1149 wurde ein Teil der Gebeine Gottfrieds feierlich dort beigesetzt. Die Kirche ist aus gelbbraunem Sandstein als romanische Basilika mit Querschiff errichtet und weist eine Länge von 48 Metern auf.
Das Polygon des gotisch erneuerten Chores krönt ein spitzer Helm. Die Nebenapsiden sind nicht mehr vorhanden. Nur eine halbrunde Nebenapsis wurde 1966 auf den alten Fundamenten rekonstruiert. Die ursprünglich flache Bretterdecke des Kirchenschiffes wurde später durch ein gotisches Gewölbe ersetzt. Dadurch wirkt der Innenraum der Kirche licht und weit. Diesen Eindruck unterstreichen die quadratischen Pfeiler.
Bei der Wiederherstellung der Kirche im Jahre 1971 wurden mittelalterliche Malereien entdeckt und teilweise rekonstruiert.
Die Ausstattung
Eine Vorrangstellung in der Kirche nimmt das Chorgestühl ein. Es gehört zu den reichsten und besterhaltenen in Westfalen. Außer den Schnitzereien an Wangen, Handknäufen und Konsolen und unter den Klappsitzen weist es eine verzierte Rückwand und einen Baldachin auf, der allein mit 88 Figuren und 64 Wappen geschmückt ist. Auch die Wappen der Auftraggeber finden sich am Gestühl. Geschaffen wurde es um 1520 von einem Meister Gerlach, der vermutlich vom Niederrhein kam.
In die Klappsitze sind Drolerien – Teufelsfratzen, Kobolde, Drachen und Narren - geschnitzt. Aber auch Themen aus der Heilsgeschichte sind dargestellt. Die Schlusswangen zeigen Heiligenfiguren.
Zu würdigen ist auch das Kruzifix, das vom Vierungsbogen herab hängt. Christus ist in idealisierter Schönheit dargestellt. Das blaugoldene Lendentuch zeigt noch die ursprüngliche Fassung. Die Arme mussten allerdings ergänzt werden.
Von den Altaraufsätzen aus dem Mittelalter blieb nur einer, ein gemaltes Triptychon, das die Leidensgeschichte erzählt, erhalten. Es stammt vom "Meister von Cappenberg", der – wie man heute weiß – Jan Baegert hieß und aus Wesel stammte. Die Außenflügel zeigen Bilder aus dem Leben der Muttergottes.
Der barocke Altaraufsatz im südlichen Quersschiff schildert, wie Norbert von Xanten die Ordensregel empfängt. Geschaffen wurde das Bild von Hermann Veltman, der auch die Bilder zu beiden Seiten des Messaltars malte.
Unter den übrigen Ausstattungsstücken befindet sich auch eine 55 cm hohe Madonnenfigur aus Kalkstein. Sie entstand wohl Anfang des 14. Jahrhunderts, vermutlich in Köln.
Unbedingt zu erwähnen ist die Darstellung der beiden Stifter Otto und Gottfried von Cappenberg. Das Denkmal ist die Deckplatte einer Tumba, die man um 1700 an ihrem jetzigen Platz im Chor aufrichtete. Die Grafen sind als Ritter im Waffenrock und Panzer, mit Gürtel, Schwert und Schild dargestellt. Gemeinsam tragen sie ein idealisiertes Modell der Kirche. Zu ihren Füßen kauern zwei Löwen.
Das Denkmal war ursprünglich Ziel einer Prozession, aus deren Anlass es geschmückt wurde. Daneben zündete man Kerzen in den Bronzeleuchtern an, die heute auf den Altarstufen stehen.
Im Südquerhaus gibt es noch ein weiteres Denkmal für Gottfried von Cappenberg, der von Vielen als heilig verehrt wird. Die Darstellung ist ähnlich wie auf der Deckplatte, aber schlichter. Über sein Haupt halten zwei Engel die Märtyrerkrone. In seiner rechten Hand hält Gottfried einen kreuzförmigen Sockel, über dessen Bedeutung man lange gerätselt hat. Das Ergebnis der entsprechenden Untersuchungen war überraschend. In den Sockel passt genau das berühmteste Kunstwerk von Cappenberg, das Bildnis des Kaisers Friedrich Barbarossa.
Der goldene Kopf
Dabei handelt es sich um einen ca. 31 cm hohen, aus Kupfer gegossenen und vergoldeten Kopf, der nach dem Bildnis des Kaisers gemacht worden sein soll. Dazu gehört eine silberne Schüssel, auf der die Taufe des Kaisers dargestellt ist (heute im Kunstgewerbemuseum Berlin). Taufpate des Kaisers war Otto von Cappenberg, dem der Kaiser die Kunstwerke schenkte. Dieser wiederum vermachte sie seiner Kirche.
Auch wenn Otto in einer Urkunde auf die Ähnlichkeit zwischen dem Kaiser und dem goldenen Kopf hinweist, dürfte es sich nicht um ein Porträt handeln. Tatsächlich ist dieser Kopf die erste Darstellung eines deutschen Kaisers des Mittelalters, die sich eng an die Kaiserbildnisse der Antike anlehnt. Gemeint ist das Amt, nicht der Mensch.
Dass der Kaiser seinem Paten dieses kostbare, in die Hand Gottfrieds gesetzte Geschenk machte, weist wohl darauf hin, wie sehr Friedrich den Heiligen verehrte, aber auch darauf, dass Barbarossa sich Fürsprache durch den Heiligen Gottfried erhoffte.
Die in den Kopf eingeritzte Inschrift besagt, dass sich darin Reliquien des Evangelisten Johannes, dem die Kirche geweiht ist, befinden. Diese wurden erst später von Otto in das bronzene Haupt gefüllt. Aus dem Bildnis des Kaisers wurde so ein Kopfreliquiar.
Heute ist die Stiftskirche katholische Pfarrkirche und Veranstaltungsort der Cappenberger Vespermusiken.
Brigitte Paschedag
Fotos aus: "Alte Kunst im Kreis Unna"
Siehe auch: Die "Französiche Kapelle"
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