Handschriftlich mit einem Füllfederhalter und auf Büttenpapier: So beginnt am 23. April 1952 die rund 20-jährige Geschichte einer Stadtchronik, die das Stadtarchiv der Kreisstadt Unna jetzt dank tatkräftiger ehrenamtlicher Unterstützung digitalisiert und damit für die Zukunft erhalten hat.
Rückblick: Am 23. April 1952 versammelt Stadtdirektor Wilhelm Born (1900-1982) im Burgsaal sieben Personen um sich: Rektor und Archivleiter Heinrich Henkelmann (1888-1967), Rektor Karl Heinz Ernst (1919-1992), Stadtoberinspektor i.R. Friedrich Tewes (1878-1961), Vermessungssteiger Friedrich Wilhelm Friese (1889-1953), Museumsleiter Otto Kettling (1901-1973), Techniker Karl Lambardt (1905-?) und den Verwaltungsangestellten Paul Knaack (1901-1973). Letzterer leitet wenig später das städtische Kulturamt.
Sie bilden gemeinsam einen Arbeitsausschuss für die Gestaltung der Stadtchronik. Henkelmann, Born und Knaack übernehmen die Leitung des Arbeitsausschusses. Ernst soll die Chronik führen, die übrigen sollen Material sammeln. Alle vier Wochen will sich der Ausschuss zusammensetzen. Die Chronik soll mit Bildmaterial angereichert und in Sachgebiete unterteilt werden, die wie folgt festgelegt werden: 1. die Gemeinschaft, 2. der Mensch als Einzelwesen, 3. Natur und Boden. Die Chronik wird ergänzt durch eingeklebte Fotos und Zeitungsausschnitte.
Am 9. Juli 1957 legt Chronist Karl Heinz Ernst seine Funktion nieder, wenig später übernimmt Stadtoberinspektor Friedrich Holtmann (1891-1977), der ein Jahr zuvor bereits die Kriegschronik der Stadt Unna weitergeführt und beendet hat. Holtmann führt die Stadtchronik statt wie bisher handschriftlich mit der Schreibmaschine fort. Schreibt der Chronist bis zum Frühjahr 1967 auch eigene kurze maschinenschriftliche Texte, so klebt er seither nur noch Zeitungsartikel hintereinander. Anfang 1971 wird die Chronik eingestellt. Seltene Fotos geben führenden Köpfen aus der Stadt wieder ein Gesicht.
Säuren aus Fotokleber haben sich durch das Papier geätzt
Wolfgang Wöstenhöfer vom Verein für Computergenealogie (Compgen), der seit drei Jahren ehrenamtlich im Stadtarchiv mitarbeitet, hat nun dafür gesorgt, dass die Chronik der Nachwelt erhalten bleibt. Denn die im Kleber der Fotos und Zeitungsartikel enthaltenen Säuren haben sich im Laufe der Jahrzehnte durch das Papier geätzt. „Zur Bestandserhaltung war eine Sicherungsdigitalisierung ohnehin angezeigt“, sagt Stadtarchivar Dr. Frank Ahland, der sich zudem darüber freut, dass die von vornherein für die Öffentlichkeit konzipierte Chronik nun für alle Interessierten jederzeit und kostenlos verfügbar ist.
Entstanden in den Jahren des sogenannten „Wirtschaftswunders“, dokumentiert die Unnaer Stadtchronik an vielen Stellen die Aufbauarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg, etwa mit dem Aufbau der Bundeswehr und damals zwei Kasernen oder mit der Planung und dem Bau des Verkehrsrings.
Wolfgang Wöstenhöfer, der zuvor bereits Melde- und Adressbücher aus Unna digitalisiert hat, scannte für die Digitalisierung der Chronik knapp 1000 Seiten Papier ein. Der gemeinnützige Verein Compgen stellt die Online-Plattform zur Verfügung, auf der die Chronik ab sofort ohne Anmeldung oder Mitgliedschaft zugänglich ist: https://www.digibib.genealogy.net/viewer/image/00000115CGD_1952-1970/1/LOG_0003/
Anstelle dieses sehr langen Links führt auch die Eingabe der Suchbegriffe „Chronik“ und „Unna“ bei Google zum Ziel.
Digitalisierungsarbeit im Stadtarchiv wird fortgesetzt
Die Digitalisierungsarbeit ist damit übrigens keineswegs abgeschlossen. Das nächste Ziel des Stadtarchivs ist es, mithilfe von Wolfgang Wöstenhöfer demnächst auch die Kriegschronik der Stadt Unna sowie die Chronik des Amtes Unna-Kamen online zu stellen.