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Wider das Vergessen: Verlegung von Stolpersteinen in Königsborn am 7. Juni

Erinnerung an fünf Opfer der sogenannten Euthanasie

Die Abbildung zeigt Helene Mattner um 1930. Am Freitag, 7. Juni, wird ein Stolper-stein zu ihrem Andenken an der Wilhelminenstraße in Königsborn verlegt. (Foto: Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftung Bethel)

Rund 300 Stolpersteine sind in Unna bereits verlegt worden. In Kürze kommen fünf weitere hinzu. Sie erinnern an Opfer der sogenannten Euthanasie, des systematischen Massenmords an Menschen mit Behinderung, die von den Nationalsozialisten als „lebensunwert“ klassifiziert wurden. Die Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig beginnt am Freitag, 7. Juni, um 11 Uhr nahe dem Lebenszentrum in Königsborn und ist öffentlich. Das Begleitprogramm gestalten Schülerinnen und Schüler der Werner-von-Siemens-Gesamtschule Königsborn.

Ein Gesicht der diesjährigen Aktion ist Helene Mattner. Sie ist das einzige der fünf Opfer, für die nun Stolpersteine verlegt werden, zu dem die Rechercheure um Stadtarchivar Dr. Frank Ahland und den VHS-Arbeitskreis Spurensuche Bildmaterial ausfindig machen konnten. Die Königsbornerin war psychisch krank, erlitt heftige epileptische Anfälle. Seit 1925 wurde sie daher in der Evangelischen Heilanstalt Bethel bei Bielefeld behandelt. Ab 1937 war sie in der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Warstein untergebracht. Einer Bitte ihres Vaters, ihr Urlaub zu geben, um ihn besuchen zu können, wurde nicht entsprochen, da sie nach Nazi-Kriterien erbkrank war, sie sich aber bisher einer Sterilisation entzogen habe. 1943 wurde sie in die Anstalt Pfafferode bei Mühlhausen in Thüringen verlegt. Die auf Fotos idyllisch erscheinende Anstalt hatte eine der höchsten Todesraten aller Psychiatrien im sogenannten Dritten Reich. Die Patientinnen und Patienten wurden systematisch ausgehungert – bis zum Tod. Selbst nach dem Kriegsende hatte das Morden durch Hunger zunächst kein Ende. Helene Mattner, die 1930 noch 79 Kilogramm und Ende 1945 noch 58 Kilogramm wog, verlor weitere 20 Kilogramm, ehe sie völlig entkräftet am 12. April 1946 starb.

Am Freitag, 7. Juni, wird der Künstler Gunter Demnig um 14 Uhr in Königsborn einen Stolperstein für Helene Mattner am östlichen Ende der Wilhelminenstraße verlegen. Den Anfang macht Demnig um 11 Uhr an der Friedrich-Ebert-Straße wenige Meter südlich der S-Bahnbrücke. Dort wird ein Stolperstein für Anna Kerkmann verlegt. Weitere Verlegeorte sind die Friedrich-Ebert-Straße 80a-g (12 Uhr, Stolperstein für Helmut Malaika), Schützenstraße 4 (12.35 Uhr, Stolperstein für Anna Dieckmann) und Zechenstraße 18 (13.30 Uhr, Ernst Krähling).

Schülerinnen und Schüler der Werner-von-Siemens-Gesamtschule Königsborn werden mit Wortbeiträgen und Gesangseinlagen die Verlegeaktion begleiten. Jürgen Düsberg vom Arbeitskreis Spurensuche wird in die Biografie der Opfer einführen. Bürgermeister Dirk Wigant, Ortsvorsteher Burkhard Böhnisch sowie Schülerinnen und Schüler des Hellweg-Berufskollegs, die die Patenschaft für die neuen Stolpersteine übernehmen wollen, werden ebenfalls dabei sein. Gäste sind herzlich willkommen.

 

Hintergrundinformation zur Verlegung von Stolpersteinen in Unna

Die Verlegung von Stolpersteinen ist Teil des Projekts „Unna ohne Rassismus – Unna mit Courage“, das sich gegen jede Form von Diskriminierung einsetzt. Der VHS-Arbeitskreis Spurensuche und das Stadtarchiv der Kreisstadt Unna erforschen Schicksale und Lebenswege der im Nationalsozialismus aus rassistischen und politischen Gründen verfolgten und misshandelten Menschen. Seit 2007 sind in Unna rund 300 Stolpersteine verlegt worden für Jüdinnen und Juden und im vergangenen Jahr erstmals für Opfer der sogenannten Euthanasie.

Hier geht es zum Flyer der Stolperstein-Verlegung.