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Runder Tisch

 

 

Der Runde Tisch gegen Gewalt und Rassismus in Unna

Seit 2009 ist der Runde Tisch gegen Gewalt und Rassismus in Unna aktiv. Der Runde Tisch möchte bereits bestehende Aktivitäten in Unna, die sich für das soziale Miteinander und die Integration der in unserer Stadt lebenden Bürger*innen einsetzen, unterstützen, verbinden und ergänzen.

Mitgetragen wird dieses Engagement von Unnaer Schulen, Weiterbildungsträgern, Jugendorganisationen, politischen Parteien, der Polizei, den Gewerkschaften, dem Integrationsrat der Kreisstadt Unna, den Wohlfahrtsverbänden, religiösen Gemeinschaften, vielen Unnaer Bürger*innen und der Verwaltung.


Flyer Runder Tisch


Dr. Mehmet Daimagüler im Rahmen der Aktionswochen gegen Gewalt und Rassismus zu Besuch in Unna

Die Frage ist nicht nur, was tun wir gegen Rassismus, sondern was tun wir auch für diejenigen, die für Toleranz einstehen." - Mit dieser Aussage traf Dr. Mehmet Daimagüler am Donnerstagabend einen Nerv, als auf Einladung des Runden Tisches in der Aula des Werkstatt-Berufskollegs sprach. Daimagüler, seit gut einem Jahr der erste Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, war im Rahmen der Aktionswochen gegen Gewalt und Rassismus nach Unna gekommen - und er zeigte sich beeindruckt von dem Engagement, das in Unna unter anderem durch die Arbeit des Runden Tisches für eine starke Demokratie gelebt wird.

Bürgermeister würdigt Engagement des Runden Tisches

Für Toleranz einstehen - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit des Runden Tisches, der anlässlich der Aktionswoche jede Menge verschiedener Veranstaltungen auf die Beine gestellt hat. Dies würdigte auch Bürgermeister Dirk Wigant, der zur Begrüßung von Dr. Mehmet Daimagüler betonte, wie wichtig die Arbeit des Runden Tisches für Unna sei: "Sie stehen ein für Demokratie, Toleranz und Vielfalt und zeigen damit, dass Unna zurecht den Titel 'Stadt ohne Rassismus - Stadt mit Courage" trägt", sagte Wigant.

Dass der Runde Tisch Dr. Mehmet Daimagüler für ein Gespräch gewinnen konnte, ist Beispiel dieses Engagements. Der Rechtsanwalt Dr. Mehmet Daimagüler ist der erste Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung. Am 1. Mai 2022 trat er das Amt an, das von der Bundesregierung neu geschaffen wurde und im Bundesfamilienministerium angesiedelt ist. Antiziganismus beschreibt den Rassismus gegenüber Sinti und Roma. Als Rechtsanwalt trat Daimagüler unter anderem als Opferanwalt im NSU-Prozess auf.

Aktiv die eigenen Vorurteile hinterfragen

Lebendig, konzentriert und dabei stets unterhaltsam ließ Dr. Mehmet Daimagüler die Zuhörer*innen an seinen Gedanken zum Thema Vorurteile- insbesondere gegenüber Sinti und Roma- teilhaben. "Nach 1945 hat man das Narrativ in die Welt gesetzt, die Sinti und Roma seien krimniell und arbeitsscheu. Dies hält sich bis heute und führt dazu, dass viele junge Sinti und Roma ihre Identität verheimlichen. Das macht etwas mit einem Menschen, wenn er einen Teil seiner Identität verheimlicht." In Schulbüchern sei die Darstellung des systematisch geplanten Völkermordes an den Sinti und Roma mangelhaft. "Da finden Sie nichts drüber. Und das hat Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen; die Vergangenheit ist nicht tot."

Was lässt sich gegen diese Vorurteile tun? Diese Frage, die im Plenum aufkam, begegnete Daimagüler mit bemerkenswerter Offenheit: "Auch ich ertappe mich bei solchen Vorurteilen. Wir alle haben gewisse Vorurteile, dass wir unbewusst Menschen Dinge pauschal zuschreiben. Aber was dann auch passieren muss, ist, dass sich unser demokratisches Gewissen meldet: Warum habe ich das jetzt gedacht? Ich kenne diesen menschen doch gar nicht, wieso denke ich dann sofort etwas von ihm?"

Antirassistischer Stadtrundgang am Samstag

Veranstaltungen wie die, die der Runde Tisch organisiert, seien wichtig, um genau dieses Bewusstsein zu schärfen, so Daimagüler. Oft bleibe man dabei aber unter sich und erreiche gar nicht dienjeingen, die vielleicht dringend erreicht werden müssten, kam der Hinweis aus den Reihen der Zuhörer*innen. "Deswegen müssen wir mehr machen, jeder Einzelne. Ich muss nicht nur mich selbst beobachten, sondern auch mein Umfeld im Blick haben: Wo werden - bewusst oder unbewusst - rassistische Äußerungen getätigt? Wo stelle ich mich dagegen und sage: Das geht so nicht! Hier hat jeder von uns viele Anknüpfungspunkte im privaten wie im beruflichen Umfeld." 

Ein gutes Beispiel für Veranstaltungen, die Toleranz sichtbar machen, sei der antirassistische Stadtrundgang, den der Runde Tisch für den 25. März in Unna organisiert hat. Während dieses geführten Rundgangs durch Unna sollen die Teilnehmer die Stadt aus einem anderen Blickwinkel kennenlernen. Auch in Unna kam es in der Vergangenheit zu Ausgrenzung, Hass und Deportationen. Viele der Schicksale sind bislang nicht vollständig erforscht und die Spuren verblassen immer mehr. Diese Spuren sichtbar zu machen, sei wichtig, denn, so Daimagüler abschließend: "Humanität bemisst sich nicht darin, wie es einer behüteten Mittelschicht, sondern wie es der begrenzten, ungehörten Minderheit geht."

Über die Arbeit des Runden Tisches

 

Organisatorisch wird die Arbeit des Runden Tisches in einer Steuerungsgruppe koordiniert. Diese trifft sich ungefähr alle 8 Wochen im Rathaus. Die Sitzungen sind ein offener Treff. Jeder, der sich über die Aufgaben und Projekte des Runden Tisches informieren und aktiv einbringen möchte, ist hierzu herzlich eingeladen.  Haben Sie Interesse mitzumachen? Dann kommen Sie vorbei!

 

Darüber hinaus tagt der Große Runde Tisch gegen Rassismus jährlich, um seine Arbeit sowie aktuelle Themen der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen. Über die Termine wird frühzeitig informiert. Bereits im Gründungsjahr 2009 wurde ein Aktionstag mit Kundgebung und Gang über den Verkehrsring in Unna als Zeichen für Toleranz und Vielfalt in unserer Stadt organisiert. Seit 2011 beteiligt sich Unna mit der Unterstützung des Runden Tisches und vielen engagierten Organisationen mit verschiedensten Programmpunkten an den Internationalen Wochen gegen Rassismus in Unna. Hierzu zählen Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Filmvorführungen und vieles, vieles mehr. Dabei bringen sich insbesondere auch Unnaer Schüler*innen aktiv in die Gestaltung ein.  Darüber hinaus versucht der Runde Tisch anlassbezogen, wie bei Demonstrationen rechtsextremer Parteien in Unna, z.B. durch Kunst- bzw. Unterschriftaktionen oder Friedensgebeten, ein gemeinschaftliches, friedvolles Zeichen für eine offene und bunte Gesellschaft in Unna zu setzen.

 

Unna ohne Rassismus – Unna mit Courage

Am 25. November 2014 verlieh die Bundeskoordinationsstelle in Berlin Unna als neunter Stadt bundesweit offiziell den Titel „Unna ohne Rassismus - Unna mit Courage“. In Anlehnung an das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus-Schule mit Courage“ sollen mit dem Zertifikat „Stadt ohne Rassismus - Stadt mit Courage“ die Prinzipien und das Selbstverständnis auf die gesamte Kommune übertragen werden. Im Jahr 2012 hat sich eine Schülergruppe der Unnaer "Schulen ohne Rassismus - Schule mit Courage" Schulen zusammengefunden, um eine Agenda gegen Rassismus und für Toleranz und Vielfalt für unsere Stadt auszuarbeiten. Der Prozess wurde vom Runden Tisch gegen Gewalt und Rassismus begleitet. Diese Antidiskriminierungsagenda ist für die Beantragung des Zertifikats bei der Bundeskoordinationsstelle in Berlin erforderlich. Der Rat der Stadt Unna hat die Antidiskriminierungsagenda „Unna gegen Rassismus - Unna mit Courage“ in seiner Sitzung am 15. Mai 2014 einstimmig beschlossen.

 

Beschlussvorlage der Ratssitzung vom 15. Mai 2014

Als Pate für das Projekt wurde der Unnaer Regisseur und Schauspieler André Decker gewonnen. Das Engagement der Schüler*innen sowie der Schulen generell bestätigt, dass Unna eine vielfältige und offene Stadt ist, in der es viele Institutionen, Bündnisse und Bürger*innen gibt, die sich für ein tolerantes und demokratisches Miteinander in unserer Gesellschaft einsetzen.