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Vom Mustertuch zum Paradekissen

Vom Mustertuch zum Paradekissen
Sticken in der Mädchenerziehung

Hellweg-Museum Unna
8. November 2015 bis 22. Mai 2016


Eine Ausstellung über das Sticken? Wie öde, könnte man denken. Schließlich gilt Sticken heute als altbacken und stößt nur noch bei Wenigen auf Begeisterung. Doch weit gefehlt: Dass das Thema viele interessante Aspekte birgt, können Besucherinnen und Besucher nun im Hellweg-Museum Unna erfahren.
 
Da Textilien im eigenen Haushalt hergestellt, repariert und verziert werden mussten, gehörten Handarbeiten zu den Pflichtaufgaben unzähliger Mädchen- und Frauengenerationen. Bereits in jungen Jahren wurden sie mit den Techniken vertraut gemacht. Beim Sticken sollte nicht nur die Fertigkeit der Textilverzierung, sondern auch Geduld und der Sinn für Sauberkeit, Ordnung und Ästhetik geschult werden, um die Mädchen auf ihre Rolle als tüchtige Hausfrau vorzubereiten.
 
Im Laufe des 19. Jahrhunderts gewannen bestickte Aussteuerwäsche und mit Stickereien versehene Raumdekorationen in fast allen Gesellschaftsschichten an Bedeutung. Neben altbewährten kamen zunehmend neue Materialien wie chemisch gefärbte Garne oder Papierstickgründe zum Einsatz. Auch das Ausbildungswesen in der Mädchenerziehung wandelte sich. Neben der familiären erhielt die schulische Unterweisung immer größeres Gewicht. Neue Richtlinien zum Handarbeitsunterricht wurden erlassen und Handarbeit avancierte zum Pflichtfach innerhalb des Fächerkanons mit festgelegten Lehrinhalten.
 
Gestickte Mustertücher vom ausgehenden 18. bis ins 20. Jahrhundert bilden den roten Faden der Ausstellung. Faszinieren die alten Stickmustertücher noch durch ihre Figuren- und Motivvielfalt, findet man auf späteren Beispielen nur noch mit rotem Garn gestickte Alphabete. Ergänzt wird die Sammlung von Kreuzstichmustertüchern durch Stopf-, Flick- und Nahtmustertücher, die auf andere Bereiche der Handarbeiten verweisen. Das auf den Tüchern Geübte fand an und auf vielerlei Textilien seine Umsetzung.
 
Die Ausstellung zeigt das breite Spektrum durch Stickereien verzierter Textilien: Perlen-, Weiß- und Lochstickereien, bestickte Aussteuerwäsche, Wandschoner und Überhandtücher oder auf Papierkanevas gestickte Wandsprüche. Daneben erwarten die Besucherinnen und Besucher zahlreiche weitere Objekte wie ein biedermeierliches Nähtischensemble, Schulstickrahmen und -wandtafel mit Stickanleitung, Monogramm- und Musterschablonen und andere Stickutensilien sowie Vorlagenblätter und -bücher des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Beendet wird die Ausstellung, in der viele Leihgaben von Privatpersonen, aber auch verborgene Schätze aus der Textilsammlung des Museums zu sehen sind, mit einem Blick auf die Mustertuchgestaltung der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts.